INTERN Heidis Boudoir « Nun folgte ein absoluter Knüller… » Wir waren vom Pfarrer in Ros Muc, im äus- sersten Zipfel Connemaras, zur Weihnachtsfeier mit Lotto eingeladen. Das halbe Dorf fand sich ein, denn der Berg der Lottopreise war recht hoch. Natürlich begann der Pfarrer mit besinn- lichen Worten in Sachen Maria und Joseph mit Jesus, das war ganz klar, gehört ja auch dazu. Aber die Leute hatten ja alle schon ihre Lottorahmen vor sich liegen und waren ganz begierig auf das Spiel und endlich ging's los. Die Nummer 7 brachte gleich eine Tube Senf, sehr gut zu all den irischen Sägemehlwürsten. Gleich kam Nummer 21 mit einem grossen Paket Weihnachts-Klopapier, sehr erfreulich für das ganze Haus. Im Hintergrund spielte ein al- ter Mann leise die Harmonika ; alte Lieder, aber das passte wunderbar. Dann kam Nummer 40 ; ein Kilo Mehl, grandios, morgen können wir wieder Brot backen. Die Stimmung stieg, es kam Nummer 3 : ein Karton Tee, sehr gut, wir trinken sowieso jeden Tag Tee. Kaffee im Glas kam als Nummer 55, ist tiptop abends nach den Kartoffeln mit Kohl. Es folgte Nummer 17, eine Packung Biskuits, praktisch, wir laden die alte Nachbarin zum Tee ein. Dann kam Nummer 12 ein Kilo Salz, sehr willkommen zu jeder Mahl- zeit. Gleich darauf folgte Nummer 49, diesmal eine grosse Tafel Nussschokolade, absolut topp, wir essen jeden Tag nur drei Riegel, dann hält das Ding ewig. Nun folgte ein absoluter Knül- ler, nämlich Nummer 44 eine richtige Ananas. Mein Gott, hoffentlich finden wir raus, was man damit anstellt, aber wir werden sie bestimmt zu Neujahr essen. So ging die Geschichte weiter, bis all die wun- derbaren Sachen verteilt waren und jeder ein- zelne glücklich nach Hause spazierte. Denken wir nach, so schön kann Freude sein. Die etwas andere Weihnachtsüberraschung Kiwis und Forellen Viktor Keller Im Dunkeln sind wir losgefahren, nun wird es langsam hell und ein wolkenloser, stahl- blauer Himmel verspricht einen herrlichen Tag. Und wir sind unterwegs zu einem unserer Lieblingsflüsse an der Westküste von Neuseelands Südinsel! Wir fühlen uns wie Gott in Frankreich. Die Farm, durch welche der Flussabschnitt verläuft, den wir heute befischen wollen, hat seit unserem letzten Besuch den Besit- zer gewechselt und wir statten den neuen Eigentümern einen Antrittsbesuch ab. Ob- wohl uns noch nie irgendwo der Zutritt verweigert wurde, sind wir doch jedes Mal nervös und gespannt, was uns erwartet. Einmal mehr waren jegliche Bedenken un- nötig und die Familie empfängt uns herz- lich. Ohne eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen lassen sie uns nicht ziehen und wir werden mit einer Einladung fürs nächste Mal verabschiedet. Nun geht’s einige Kilo- meter auf einer Kiesstrasse Richtung Meer. An einem zugesperrten Tor ist mit dem Auto kein Weiterkommen mehr. Wir ziehen un- sere Ausrüstung an und marschieren noch eine gute Stunde Richtung Küste. Als wir das Meer rauschen hören und die am Strand aufgeworfenen Sanddünen sehen, beginnt der seriöse Teil. Unsere Absicht ist es, fluss- aufwärts zu fischen und bis am Abend wie- der in der Nähe des Autos zu sein. Der Fluss fliesst klar und niedrig und die Sicht ist perfekt. Wie so manche Flüsse und Bäche in Neuseeland hat unser Westküsten Fluss einen sehr guten Bestand an grossen Bachforellen, im schnapsklaren Wasser müssen die Fische aber auf Sicht und mit bis 5.5m langen Vorfächern angepirscht wer- den. Schon kurz nach dem Start sehen wir die erste Bachforelle; leicht in der Strömung pendelnd, schert sie immer wieder seitlich aus und schnappt sich unter Wasser irgend- welche Leckerbissen. Obwohl wir an diesem Januarmorgen keine Insekten ausmachen können, fischen wir mit grossen, buschi- gen Trockenfliegen, denen im Hochsommer kaum ein Fisch widerstehen kann. Diesmal bin ich an der Reihe und nach einem halb- wegs gelungenen Wurf hängt die Forelle auch schon am Haken. Ich bin gerade daran, den knapp 60cm langen Fisch im hüfttiefen Wasser abzuhaken, als plötzlich ein Jetboot mit Speed um die Kurve gerast kommt. Die Insassen winken uns zu und bejubeln unse- ren Fang. Von der Flusslandschaft und der Fischerei völlig absorbiert, haben wir das Boot erst sehr spät wahrgenommen. Von nun an wird einmal jede Stunde ein Jet- boot den Fluss hinunter und wieder hinauf dröhnen. Die Boote gehören einem Tourver- anstalter, der interessierte BesucherInnen zu einer Brutkolonie weisser Reiher bringt. Sehr zum Unwillen des Grundeigentümers, der sich über die massive Ufererosion be- klagt. Die Fische scheint die ganze Sache allerdings nicht gross zu kümmern und so- bald sich die aufgewirbelten Sedimente gesetzt haben, beissen sie wieder. Glückli- cherweise hört man im Normalfall die Boote schon einige Minuten bevor sie auftauchen. Der völlig naturbelassene Fluss mäandriert so stark, dass das Jetboot mit seinem V8- Motor uns sehr nahe sein kann, aber noch viele hundert Meter vor sich hat, bis sich unsere Wege kreuzen. Wir fangen gut an diesem herrlichen Sommertag und auch die vorbeirasenden Zuschauer kommen auf ihre Kosten. Der Zufall will es, dass insgesamt viermal das Boot genau dann passiert, als einer von uns gerade einen Fisch löst oder im Drill hat. Am späteren Nachmittag ziehen für kur- ze Zeit dunkle Wolken auf und ein Regen- schauer lässt uns unter Bäumen Schutz suchen. Von unserem Unterstand aus sehen wir jungen Paradies Enten zu, die sich in einem ruhigen Pool vergnügen. Und auch ein massiver Aal schwimmt langsam am Grund des Pools herum, vielleicht auf der Suche nach etwas Fressbarem. Ein letzter kleiner Schauer nimmt für einige Minuten die Sicht ins Wasser, den Entenküken scheint das nichts auszumachen. Während wir belustigt ihr Treiben verfolgen, gibt es uner- wartet einen Schwall und eine der Enten taucht unter. Gespannt schauen wir, wie lange der Vogel wohl unten bleibt. Aber vielleicht ist das Tier ja schon wieder auf- getaucht? Wir zählen nach: Es waren acht, nun sind es nur noch sieben. Das Rätsel löst sich, als sich der Regen endgültig verzieht und die Sonne wieder die Oberhand gewinnt. Am Grund sehen wir den Aal, dem die kleine Ente noch halb aus dem Maul hängt ! Der Neuseeländische Langflossenaal kann bis zu 25 kg schwer und bis zu 1.8 m lang werden, da passt eine junge Ente allemal ins Beute- schema. Am frühen Abend taucht in der Ferne unser Auto auf. Müde, aber happy mit den Ereig- nissen des Tages, ziehen wir Bilanz. Wir ha- ben zwölf Bachforellen gefangen, die Gröss- te wog um die 3.5kg und war knapp 70cm lang. Und wir haben ein kleines Drama der Natur erlebt. Jetzt fehlt als Krönung eines tollen Tages nur noch ein Shandy – unser Panaché – im lokalen Pub und wir sind rundum zufrieden. 18 ONLINE-SHOP WWW.HEBEISEN.CH PN 197 /2016