Experimentelle Untersuchungen zur Biegung der Fliegenrute von Tobias Hinzmann http://www.passion-fliegenfischen.de ______________________________________________________________________________________ Seite 32 von 40 © Copyright Tobias Hinzmann. Alle Rechte vorbehalten. Revision 1.0 -03/2014 Aus meinen vorangehenden Untersuchungen kann eine gute Abschätzung für den Fall abgegeben werden, dass die Biegung der flexiblen Fliegenrute kleiner als in meiner Wurfsequenz ist. In diesem Fall bewegen sich die für meine Wurfsequenz berechneten Werte in Richtung der für die absolut steifen Fliegenrute berechneten Werte, d.h. die Effizienz nimmt ab ! Der Fall einer größeren als in meiner Wurfsequenz festgestellten Biegung der Fliegenrute ist schwerer abzuschätzen, weil es dafür keine berechneten Werte gibt und meine erzeugte Biegung – im Vergleich zu Wurfsequenzen anderer Fliegenwerfer – bereits relativ hoch ist26 . Sicher ist aber, dass die Effizienz nicht „endlos“ über eine zunehmende Biegung gesteigert werden kann, da sie auch vom Rückstellvermögen27 der jeweiligen Fliegenrute abhängt. Ist das Rückstellvermögen der Fliegenrute an seine Leistungsgrenze gekommen, würde eine Erhöhung des Aufwandes (Arbeit) vermutlich keinen nennbaren Nutzen (Endgeschwindigkeit) mehr bringen. An dieser Stelle möchte ich noch einen Vergleich zum Stabhochsprung ziehen28 : Vor 1900, als für diese Disziplin nahezu starre Stäbe aus Eschenholz verwendet wurden, lag die übersprungene Höhe bei gut 3 Metern. Mit den modernen, flexiblen Stäben können rd. doppelt so große Höhen übersprungen werden29 . Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Flexverhalten des Stabes gut auf das zu beschleunigende Gewicht (Masse) des Springers und seiner Anlaufgeschwindigkeit abgestimmt ist. Auch dieses Beispiel zeigt, dass einerseits die flexiblen Stäbe den starren deutlich überlegen sind, es andererseits aber auch auf das Biegeverhalten (Flexverhalten ~Rückstellvermögen) des flexiblen Stabes ankommt. Bei näherer Betrachtung der Ergebnisse meiner Untersuchungen sehe ich einen wesentlichen Grund für die Effizienz der flexiblen Fliegenrute darin, dass die im Rutengriff geleistete Arbeit bzw. aufgewendete Kraft - im Vergleich zur absolut steifen Fliegenrute - als ein kurzzeitiger Impuls "peak" wirkt. Wesentlich für einen kurzzeitigen Impuls „peak“ ist eine hohe Beschleunigung der Rutenspitze, die wiederum zu einer hohen Biegung der Fliegenrute führt30 . Solange eine Steigerung der Biegung auch zur Steigerung dieses kurzzeitigen Impulses "peak" und der Endgeschwindigkeit führt, wird vermutlich auch die Effizienz ansteigen. Diese Abschätzung zeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Biegung der Fliegenrute und ihrer Effizienz gibt. 26 z.B. im Vergleich zu der Untersuchung von Grunde Løvell & Jason Borger von 2007 – ‚The Rod & The Cast’. Die Biegung meiner Fliegenrute ist deutlich höher als die dort untersuchte. 27 Je schneller sich eine Fliegenrute gerade stellt, desto höher ist ihr Rückstellvermögen. 28 Wie bei anderen Vergleichen gilt auch hier: Stabhochspringen kann und soll nicht mit dem Fliegenwerfen gleichgesetzt werden, da es natürlich Unterschiede gibt. Aber es gibt auch genügend Parallelen, welche die Wirkung der Effizienz beim Fliegenwurf gut verdeutlichen. 29 Es kann Zufall sein, dass die doppelte Steigerung der Höhe beim Stabvergleich ganz gut zur doppelten Effizienz bei meinem Vergleich der Fliegenruten passt. 30 Um einen kurzzeitigen Impuls erhalten zu können, muss die Beschleunigung der Rutenspitze kurzzeitig hoch sein. Wesentliche Voraussetzung dafür ist eine möglichst geringe Beschleunigung der Rutenspitze zu Beginn des Wurfes. Aus diesem Grunde ist es wichtig, den Wurf langsam zu beginnen und ihn zum Ende hin zu steigern. Eine mehr als linear zunehmende Beschleunigung der Rutenspitze ist dabei von Vorteil.