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Compendium No II New

29 Vielleicht liegt es ja daran, dass die kalte Jahreszeit einem echten Fliegenfischer aufs Gemüt schlägt. Da kommt der Mensch gern ins Grübeln, und mitunter auf krude Ge- danken. Zum Beispiel auf die Idee, dass ein Fliegenwurf besser gelinge, wenn der Werfer die Rute so um die Hochachse verdreht, dass die Rolle mit ihrer Breitseite quer zur Wurfhand steht. Es geht um genau jenes dy- namische Verkanten, das nicht nur in meiner Fliegenfischerschule als Kardinalfehler gilt. Im Internet sind zum Thema schon ganze Berge von Beiträgen nachzulesen, z.B. unter: http://www.fliegenfischer-forum.de/flyfishing/ fliegenwerfen-taktik-und-technik-f26211/ ausrichtung-der-rolle-im-wurf-t263221.html Einige der unqualifizierten Beiträge wurden per 29.07.2013 gelöscht . . . Wenig davon ist gut und brauchbar. Wenig ist sachlich, vieles schlicht unbrauchbar. Das Allerdümmste, was ich las, ist die Ansicht eines prominenten Fliegenfischers, dass das dynamische Verdrehen der Fliegenrute die so genannte Birne verhindere, also den Tailing Loop. Obendrein sorge das dynamische Ver- kanten noch für ein gestrecktes Vorfach. Wer so was glaubt, soll damit glücklich wer- den. Aber solche Irrlehren zu veröffentlichen, ist abenteuerlich. Vor allem dann, wenn ein bekannter Name drunter steht. So werden manchem Neuling kapitale Wurffehler ange- lernt. Und da habe ich etwas dagegen. Und ich bin nicht allein mit meiner Kritik. Hier Zitate aus fliegenfischer-forum.de: Ruben „Ich halte die ganze Verkanterei für eine völlig unwichtige Stilistik, sondern lediglich für eine Krücke, um Wurffehler zu kaschieren. Falscher Zug und Tracking werden mit überflüssiger Rollenhaltung kompen- siert“. Royal Coachman I. „Leider hat mir bis jetzt noch niemand erklärt, warum beim Rück- schwung eine nach aussen gedrehte Rute/ Rolle weniger Reibung erzielen sollte.“ Royal Coachman II. „Entschuldigung, noch- mals, jeder darf werfen wie er meint, das ist Geschmacksache, nur ich persönlich halte es für falsch, einen Wurffehler nicht zu beheben, sondern durch Tricks, wie Ausdrehen oder Eindrehen der Rolle auszugleichen.“ Mit dieser Formulierung hat der Mann den Nagel voll auf den Kopf getroffen. Leider folgen in dieser Diskussion weitere völlig unsachliche Argumente für ein Ein- (ja, auch das gibt es…) oder Ausdrehen der Fliegen- rolle: Unsachliche Argumente „Bessere Annäherung an die gerade Be- schleunigungslinie“.* Diese Behauptung ist das absolute Gegenteil von richtig. *Andernorts steht vom gleichen Autor ge- schrieben, dass das Ausdrehen eine Gefahr darstellt, die direkte Beschleunigungslinie zu verlassen. Mit dieser Aussage liegt er weit richtiger. „Optimierte Stopps“ Das ist doch fertiger Nonsens. Was soll der richtige oder von mir aus auch falsche Winkel der Fliegenrollenstellung mit einem optimalen oder, von mir aus, nicht optimalen Stopp zu tun haben? „Gleichmässigere Beschleunigung“ Auch diese These stimmt nicht. Es gibt, wie ich zum Thema ausführlich beschreibe und beweise, eine idealere Art der Beschleuni- gung, die zum optimalen Resultat führt. „Verhindert die Bildung einer Birne“ Das ist das Allerdümmste, was ich zu diesem Thema las. Der Gleiche schrieb dann auch noch dass das Verdrehen der Fliegenrolle zu einem besser gestreckten Vorfach führt . . . „Weniger Slacked Line“ Wenn die Schnur nach dem Vorwärts- oder nach dem Rückwurf durchhängt, ist dies allein die Folge geometrischer oder dyna- mischer Wurffehler – oder eine Kombination derselben. Ich komme darauf zurück. Klar ist, dass jegliches dynamische Verkanten der Fliegenrolle beim Vorwärts- oder Rück- wurf Indikator dafür ist, dass die Fliegenru- tenspitze aus vertikaler Sicht keine absolute Gerade fährt. Viele Fliegenfischer, vor allem logisch die Daumenwerfer, „müssen“ ja die Fliegenrolle verkanten, weil es anatomisch kaum anders möglich ist, einen Rückwurf auf der äusseren, üblichen Wurfbahn auszuführen. Das beweise ich klar und deutlich in meinem Schulfilm „Faszination Fliegenwerfen“. Trotzdem haben nicht wenige Fliegenfischer diesen Wurffeh- ler einfach konstant drin – und versuchen nun, diesen Mangel noch als einen Vorteil hinzustellen. Grundsätzlich soll ja jeder auf seine Art glück- lich und erfolgreich sein beim Fliegenfischen, also auch beim Fliegenwerfen. Ich bin kein Missionar und will auch keinen bekehren, wenn er mit seinen Wurffehlern ein glück- licher Fliegenfischer ist. Mir geht es allein darum, dass keine fachlich falschen – eben verdrehte – Ansichten verbreitet werden, die dann verhindern, dass angehende Fliegenfi- scher zu einem guten Wurfstil finden. Im Kern geht es in dieser verdrehten Dis- kussion allein um die Behauptung, dass die Fliegenschnur mit weniger Reibung durch die Ringe läuft, wenn sie die Rute selbst, also den Blank „nicht“ berührt. Deshalb sei es gut, wenn die Ringe während des Rückwur- fes (und damit auch die Rolle) nach Aussen gedreht werden. Bewiesen ist diese These mitnichten, sondern allenfalls von ihren Verfechtern so gefühlt. Gegen das „Gefühl“ der Rollendreher-Fraktion spricht die Rutentechnik: Jeder Graphit-Blank hat eine besonders steife Seite, den so ge- nannten Overlap, dort, wo sich die Gewebe- matte überlappt. Auf dieser Flucht werden die Ringe montiert, um eine möglichst schnelle Aktion der Rute zu erreichen. Nehmen Sie mal einen solchen Blank, egal ob Spitzen- oder Handteil, legen Sie das Ende auf einen Tisch, drücken mit der einen Hand die Mitte durch und drehen Sie dann den Stab um die Längsachse. Sie werden feststellen, an einem Punkt „springt“ der Blank. Verkante ich beim Wurf, die Fliegenrute, wirft sie von der „wei- chen“ Seite her. Sicher kein Vorteil, aber auch nur ein kleiner Nachteil, den wirklich nur der Profi wahrnimmt. Es gibt heute eine grosse, weiter wachsende Zahl von Fliegenfischern, welche die Fliegen- rute korrekt halten, also mit Zeigefinger oben oder, wie ich, mit Daumen und Zeigefinger oben. Diese „Natürliche Handhaltung“, öster- reichisch „Zwickelgriff“ oder englisch „V-Grip“, habe ich meinen Schülern bereits 1967 gelehrt und 1978 in der ersten Ritz- Überarbeitung publiziert. Manche kombinieren diese Griffhaltung nun mit einer konstant nach aussen gedrehten Fliegenrolle. Das ist statisches Verkanten und hat immerhin gegenüber dem dynamischen Verkanten den Vorteil, dass die Fliegenru- tenspitze eine Gerade fahren kann. Einige meinen, das sehe gut aus, andere behaup- ten, dass eben die Reibung der Fliegenschnur dadurch vermindert werde. Zweifellos hat diese Art Rutenführung aber zwei Nachteile. Der erste ist, dass sich so das Verlängern der Fliegenschnur während des Werfens sehr verkompliziert. Der zweite ist, dass eine nach aussen stehende Fliegenrolle dem Prinzip der Schwerkraft unterliegt. Man (oder Frau) muss den Rutengriff fester halten – sonst kippt die Rolle in die Senkrechte, wo sie ja auch hingehört. Hier sei der Vergleich mit dem Pistolenschies- sen erlaubt. In modernen Gangsterfilmen wird heute die Pistole gerne quer verdreht

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