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Wenn einer eine Reise tut, dann... Teil 3

Australien

von Viktor Keller

Alljährlich von ca. Juli bis Oktober/November ziehen Tailor, ein feiner Speisefisch, an der Ostküste von Frazer Island vorbei. Und alljährlich ist die Insel Ziel von Tausenden von Fischerinnen und Fischern aus halb Australien, die den Tailor Run auf keinen Fall verpassen wollen. Die meisten fischen mit langen Brandungsruten und Naturködern; die Tailor kommen aber so nahe, dass wir sie in der Brandung auch mit der Spinn- und sogar mit der Fliegenrute fangen. Wir treffen auf eine Gruppe von Fischern, die sich perfekt eingerichtet hat. Ein altes Bügelbrett dient als Filetiertisch, die Fischabfälle werden direkt daneben in einem Loch vergraben und die leckeren Filets wandern in die Kühlbox, bereit für die lange Heimreise.

Frazer Island ist aussergewöhnlich reich an Tieren und Pflanzen - der grösste Teil der Insel ist Nationalpark und gehört zu den UNESCO Welteerbestätten - und so machen wir immer mal wieder Pause vom Fischen und erkunden das Inselinnere. Befestigte Wege oder gar Strassen gibt es keine, alles ist lockerer Sand und ohne 4x4 ist absolut kein Vorwärtskommen; im Osten dient der Strand gleichzeitig als Piste für Fahrzeuge und als Landepiste für Flugzeuge. Langsam gewöhnen wir uns Binnenländer auch daran, immer die Gezeiten im Auge zu behalten. Der Strand ist nur bei Ebbe gefahrlos befahrbar, bei Flut ist absolut kein Durchkommen.

Das Meer zieht uns magisch an und wir machen stundenlange Wanderungen am Strand, immer auf der Suche  nach Strandgut. Angespühlte Quallen und Muschelschalen aller Art sind an der Tagesordnung, hin und wieder stossen wir auch auf aussergewöhnliche Funde; so liegt eines Morgens ein 2m langer Mondfisch am Strand. Leider findet sich auch haufenweise Plastikmüll, von Fischernetzen bis zu Plastikflaschen. Im Inselinnern begegnen wir regelmässig grossen Waranen und Dingos - den australischen Wildhunden -  und Kolonien von Tausenden von Flughunden. 

Die dem Festland zugewandte Westküste ist weniger exponiert als die Ostküste und weist grosse, flache Bereiche auf, die watend befischt werden können. Verschiedene Stachelmakrelen, junge Black Marlin und viele andere Arten kommen bei Flut auf die seichten Sandflächen, um zu fressen. Auch der eine oder andere Barramundi - hier an der südlichen Verbreitungsgrenze - lässt sich blicken. Entlang der Westküste finden sich ausgedehnte Mangrovenbestände und wir können es nicht lassen, hin und wieder die Schlammspringer, amphibisch lebende Fische, die aus dem Wasser steigen und die Mangrovenwurzeln hochklettern, zu foppen. Sobald sich eine Fliege oder ein Gummiköder in der Nähe bewegt, stürzen sich die bis 20cm langen, glupschaugigen Clowns mit Vehemenz darauf. Natürlich ziehen wir unsere Köder jeweils rechtzeitig zurück.