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Die Pool-Königin
Aus der PETRI NEWS 178-2013

 Markus Angst

Die Pool-Königin - oder - das Duell

«Sie - und keine andere - will ich haben...»

In einem grösseren Bach, in dem ich fische, hat es diesen einen grossen Pool am unteren Revierende. Ein Wasserfall von etwa 15 Metern Höhe unterhalb eines Staubeckens verhindert, dass Fische weiter aufsteigen und ist auch dafür verantwortlich, dass besagter Pool im Verhältnis zur Gewässergrösse beeindruckende Dimensionen aufweist.

Gleichzeitig ist der Pool landschaftlich wunderbar eingebettet. Er ist bis auf den Ausgang umschlossen von hohen, konkaven Nagelfluhwänden. Diese Anordnung hat den überaus angenehmen Nebeneffekt, dass es auch an brütend heissen Sommertagen angenehm kühl ist – ein richtiger „Wohlfühlplatz“ also, der jedes Fischerherz höher schlagen lässt.

Die Tatsache, dass der Pool nur umständlich, über einen steilen Wanderweg, sowie ein zusätzliches Stück auf einem eher minderen Trampelpfad zu erreichen ist, führt dazu, dass hier nur sehr selten gefischt wird. Als ich zum ersten Mal dort war, war ich „ultraleicht“ unterwegs: T-Shirt, kurze Hose, barfuss in Turnschuhen (bei 28°C besser als jede Wathose!) mit meinem kleinen Fishpond Bauchtäschchen und einer 7‘6‘‘ 4er Rute.

Ich begann mit einer Trockenfliege, einer Parachute, denn hie und da sah ich Fische steigen. Nichts, auch dann nicht, wenn meine Würfe ordentlich gelangen. Dann wechselte auf eine Sedge, passiv und gezogen, anschliessend auf eine CDC – keine Reaktion. So ging das noch eine Weile weiter. Schlussendlich verlängerte ich meine Vorfachspitze deutlich und wechselte von meinem 16er auf ein 14er. Endlich: Ein erster Biss! Doch die Forelle stieg nach kürzester Zeit wieder aus. Mein Fehler – ich war nicht konzentriert genug.

Gezielt warf ich wieder die Stelle an, wo zuvor ein Fisch gestiegen war und wirklich: Kaum setzte die Fliege sanft auf, sah ich die Flanke eines wirklich beeindruckenden Fischs, ein Schwall und die mir riesig erschienende Forelle nahm die Fliege energisch. Der Kampf währte allerdings nur kurz. Trotz Sorgfalt und Konzentration brach das Vorfach und die Fario war nach knappen 10 Sekunden weg. Allerdings nicht ohne mir zum Abschied nochmals ihre Flanke zu zeigen.

Ohne hier nun mit mehr oder weniger grossem „Fischer-Faktor“ über die Grösse in Metern zu debattieren, war für mich eines sofort klar: Das war die Pool-Königin gewesen!

Mit diesem kurzen, aber intensiven Erlebnis war mein Entschluss gefasst: Sie – und keine andere – will ich haben!
Inzwischen war ich noch zweimal da – jeweils gute anderthalb bis zwei Stunden… immer an dem einen Pool. Ich meine, den Fisch mittlerweile besser zu kennen, zu wissen, wann sie wo steht, welche Nahrung sie nimmt. Angeworfen habe ich sie nur spärlich, denn mein Ziel besteht nicht darin, die Königin mit meiner Wurfkondition zu beeindrucken, sondern sie zu fangen!

Für mich ist das ein echtes Abenteuer; wahres Fischen – eben eine aufrechte Herausforderung. Wer ist geschickter, klüger, geduldiger und damit siegreich?

Ein klein wenig komm ich mir vor wie Gary Cooper in High Noon: Nur die Pool-Königin und ich – ein einsames, faires Duell. Im Hintergrund singt Tex Ritter „Do Not Forsake Me Oh My Darlin’…”. Ob die Pool-Königin oder ich den Oscar erhalten werden, bleibt vorerst noch offen.

Ihr Markus Angst

P.S. Do Not Forsake Me Oh My Darlin’ ist der Titelsong von High Noon und bedeutet soviel wie „verlass mich nicht, mein Liebling“