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Fischen ohne Wasser

Aus der PETRI NEWS 172-2012


H.R. Hebeisen 
 

Fische ohne Wasser

«In Gedanken landet er den Fisch - ist das nicht Fischen?»

Die Grundsatzfrage ist folgende; findet Fischen nur am, im oder auf dem Wasser statt? Ich meine nein und wenn Sie meine Gedanken lesen, kommen sicher auch Sie zum Schluss, dass Fischen auch ohne Wasser stattfinden kann. Was ja gerade in der jetzigen Jahreszeit nicht unwichtig ist.

Ist denn Fliegenbinden nicht auch Fischen? Und; das Lesen eines Fischerbuches oder eines Fischerblattes, ist das nicht auch „Fischen“? Und weiter, wie ist das mit dem Studium des Reisekataloges, welcher Details vom Fischertripp im nächsten Jahr aufzeigt? Und was ist, wenn ein Fischer in den Fischerladen geht und sich mit Gleichgesinnten, mit Experten über den Kauf einer neuen Rute oder eines noch fängigeren Köders redet um dann nach einem gemütlichen Schwatz an der Kaffeebar mit einer neuen Angelrute oder einigen noch gierigeren Fliegen oder Wobblern wieder heimwärts fährt – dabei in Gedanken den Fisch bereits landet – ist das nicht Fischen?

Wir, von der anderen Seite der Theke, haben es noch besser, denn unser Arbeitstag ist Ihr Fischertag. Der Hauptgrund, warum mein Team und ich diesen Beruf erwählt haben. Schliesslich hätten wir auch Banker, Galerist, Gemeindeverwalter oder CEO eines Unternehmens werden können. Aber nein, schlau wie wir halt nun mal sind, wählten wir den Job, der gleichzeitig auch unsere Passion ist. Unsere Kunden schätzen das doppelt und sind dankbar, weil die Beratung von aktiven Fischern kommt und darum entsprechend solid ist.

Dabei belassen es manche nicht nur mit guten Worten. Einer bringt oft einen Sack mit Gipfeli, bei René Widmer darf ich jederzeit in seiner Kochschule reinschauen, wenn ich zum Thema Sous Vide- oder Molekular-Küche etwas noch nicht weiss und das ist viel. Kürzlich brachte mir der Oberholzer Kurt wieder einmal feine Steinpilze und gleichentags der Bleuer Ruedi Eglifilets, vakuumiert vom Feinsten und vom Frischesten. Die Arbeit machte mir an diesem „Billigen-Jakob“-Samstag besonders Spass, denn frühmorgens war ich ja schon auf dem Markt und habe mir dort das Grüne und das Fleisch besorgt. Abends sitzen Fischerfreunde als Gäste am Tisch.

Das wird, das ist nun schon ein schönes Wochenende, auch, wenn es halt kürzer ist als das derjenigen, deren Wochenende schon am Freitagabend beginnt. Aber – ist denn nicht Qualität mehr gefragt als Quantität? Und zudem, hat denn, so erlebt, nicht mein Wochenende auch schon am Abend vorher begonnen? Ich meine, mit allem Drum und dran, war das ein schöner Fischertag für mich.