Heidi Hebeisen
Gedanken über die Zeit
Mit Fliegenfischer-Schülern zu arbeiten ist schon seit Jahrzehnten meine grosse Passion. Für mich gab es nichts Schöneres, als jeweils am Ende der Woche beim grossen Synchron-Schauwerfen der einzelnen Gruppen das Resultat der vielen Übungsstunden zu betrachten. Genau; nach einer Woche, einer Fliegenfischer-Woche habe ich gesagt.
Die Zeiten haben sich geändert, heute soll alles möglichst schnell erledigt werden, auch ein Fliegenfischerkurs. Das ist ganz toll, in drei Tagen oder auch in zwei kann man das ja auch erlernen - man reist sogar aus Hamburg an zu diesem Zweck.
Wir verwenden, nicht wir haben, immer weniger Zeit, uns den Dingen im Leben zu widmen, die uns eigentlich wichtig sind. Klar, die Grundbegriffe des Werfens kann man einem Schüler an vier Abenden, einem Tageskurs oder an einem Wochenende beibringen, aber tiefer dringt die Materie erst dann ein, wenn man sich mehr Zeit nimmt – eben halt auch für das Drumherum, damit das Gelernte sich auch im Geist festsetzt und eben nicht nur mechanisch im reinen Bewegungsablauf.
Wir machen es jetzt bald wie die Amerikaner. Der Sohn eines Vermont- Freundes von uns begann die Lehre als Koch. Fünf Tage später meldete uns Bob stolz, dass der Filius bereits zum ersten Mal Chefkoch gewesen sei. Bei HRH’s Enkel Marc in Yverdon, der kürzlich ebenfalls die Lehre als Koch begann, dauerte es immerhin 23 Tage (kein Witz!) für die gleiche Meldung. Wir holen auf!!!
Es geht mit diesem Verhalten viel wichtige Substanz verloren, weil uns die Zeit fehlt, Dinge auf tieferer Ebene in uns aufzunehmen – eigentlich sehr schade, viel Kostbares geht so in unserem Leben verloren.
Heidi Hebeisen