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Ein Haufen potentieller Gewaltverbrecher?
Aus der PETRI NEWS 193-2015

Markus Angst

Ein Haufen potentieller Gewaltverbrecher?

«Was sollen denn die lieben Kinder machen?»

Die Stiftung Mensch und Tier empört sich lautstark über die Jungfischer-Schnuppertage im Rahmen des Basler Ferienpasses; sie sprach dabei von einem "Massaker", mit dem die Grenze zur Gewalt "gefährlich überschritten" werde. Dies notabene, ohne offenbar an besagtem Schnuppertag dabei gewesen zu sein. Der Tierschutz bläst nun ins gleiche Horn und auch der omnipräsente Chefarzt des Forensisch-Psychologischen Dienstes des Zürcher Amts für Justizvollzug, Frank Urbaniok, hält das Fischen für Kinder für potentiell gefährlich. Das Töten von Fischen stumpfe ab.

Nun ja, wenn ich mir die Treffsicherheit der Einschätzungen von Gerichtspsychiatern vor Augen führe, müsste ich wohl nicht allzu beunruhigt sein – doch das ist hier nicht das Thema. Ebenso wenig wie die Resozialisierung von Gewalttätern mittels von der Sozialindustrie verordneten und vom Staat bezahltem Kickbox-Training.

Ich rege mich ob der Tatsache auf, dass sich zu diesem Thema unzählige (zu einem rechten Teil auch selbst ernannte) Experten äussern, ohne sich mit der Materie je direkt befasst zu haben; ohne je an einem Jungfischerkurs teilgenommen zu haben und ohne je eine Angelrute von nahem gesehen zu haben.

Um’s vorwegzunehmen: Ich bin ein klarer Verfechter einer seriösen Ausbildung von (Jung-)Fischern. Man soll mit Fischen – genauso wie mit anderen Tieren – respektvoll umgehen und wenn man sie zum Verzehr tötet, soll man wissen, wie das fachgerecht gemacht wird!

Wenn wir allerdings das Fischen erst ab 16 Jahren erlauben, wird das höchstwahrscheinlich keinen Einfluss auf die Entwicklung der Anzahl Gewaltverbrechen in unserem Lande haben, wohl aber wird es unserer Zunft noch schwerer fallen, den so wichtigen Nachwuchs nachhaltig zu sichern.

Vergessen gegangen ist in dieser Diskussion auch die Tatsache, dass es beim Fischen nicht einfach ums Töten von Wirbeltieren geht, sondern primär um ein Naturerlebnis. Die Fischer gehören zu den wichtigsten und engagiertesten Anwälten des Gewässer- und Tierschutzes. Es ist deshalb wichtig, interessierte Kinder früh abzuholen und Ihnen den Zugang zu unserem Hobby über eine altersgerechte Ausbildung zu ermöglichen. Ihr Verständnis für die Natur, die verschiedenen Ökosysteme und den respektvollen Umgang damit zu fördern. Man könnte vor diesem Hintergrund nun ebenfalls provozieren und behaupten, Jungfischer würden dereinst zu besseren Erwachsenen.

Mich interessiert auch die Frage, was denn die lieben Kinder machen sollen, wenn sie nicht mehr Fischen dürfen? Sollen sie vielleicht stattdessen ein Computerspiel machen und vor dem Zubettgehen noch ein paar Dutzend Feinde mit Bazookas zerfetzen und dabei knöcheltief durch virtuelles Blut waten? Ist es psychisch gesünder, ein Fussballspiel zu besuchen und der Südkurve bei Ihren Pyroschlachten zusehen?

Und was, liebe Gerichtspsychiater und andere Experten, sagen wir unseren Kindern, wenn Fischstäbchen auf dem Teller sind – anonym und sauber verpackt vom Grossverteiler? Dass die Tiere von fahrenden Fabriken aus den letzten Ecken des Meeres herausgeholt wurden und an Deck qualvoll erstickt sind?

Ich hoffe, liebe Leser, sie lassen sich Ihr Hobby nicht vermiesen und helfen auch weiterhin mit, dass unsere Kinder zu verantwortungsvollen und leidenschaftlichen Fischern heranwachsen dürfen.

Ihr Markus Angst