Aus der PETRI NEWS 177-2013
Markus Angst
Naturverlaichung oder Besatz?
Am 27. Februar dieses Jahres war ich an einem Vortrag von Andreas Hertig (Adjunkt Fischerei, Kanton Zürich) zum Thema Forellen-Naturverlaichung in zürcherischen Fliessgewässern. Im Wesentlichen ging es darum, die Resultate der kantonalen Naturverlaichungs-Studie 2012 zu präsentieren und eine erste Interpretation zu wagen.
Vorab dazu die Situation in Kürze: Im vergangenen Jahr wurden fand in den Fliessgewässern des Kantons Zürich kein Besatz statt. Gleichzeitig wurden 149 Stecken auf Ihre Forellenpopulation untersucht (Anzahl und Längenverteilung), um daraus Schlüsse über die Naturverlaichung ziehen zu können. Anhand von Längenfrequenzhistogrammen (Anzahl Fische je Grössenklasse) wurden die Sömmerlingsklassen der Bachforellen für jede Messstrecke ermittelt. Wo Daten aus früheren Jahren mit Besatz vorlagen, konnten die Resultate der Zählungen einander gegenübergestellt werden. Man erhoffte sich daraus wichtige Informationen für eine effiziente Gewässerbewirtschaftung im Sinne des Managementkonzeptes 2010-2018.
Man darf diese Übungsanlage ungeniert hinterfragen. Endgültige Rückschlüsse aus einer einmaligen Erhebung zu ziehen, wäre natürlich fahrlässig – es handelt sich hier ausschliesslich um eine Momentaufnahme, die viele Parameter nicht berücksichtigt (Hochwasser/Trockenphasen oder andere relevante Einzelereignisse). Dies wurde übrigens auch von Andreas Hertig hervorgehoben. Nichts desto trotz möchte Ich Ihnen die zentralen, wenig überraschenden Resultate nicht vorenthalten:
- Die Sömmerlingsdichte über alles ist im Versuchsjahr deutlich niedriger als in Referenzjahren; das gilt sogar mehrheitlich für Gewässer, in denen im Versuchsjahr mehr adulte Fische (und damit Laichtiere) gezählt wurden.
- Generell weisen die Zuflüsse gegenüber den Hauptgewässern eine höhere Sömmerlingsdichte auf; schmale, kleine Gewässer bieten generell mehr Sömmerlingshabitate.
- Die Spanne der Resultate reicht von sehr guter, natürlicher Reproduktion in kleinen, naturnahen Bächen bis hin zu einer nicht existenten Naturverlaichung.
Meine persönliche Meinung dazu: Erstens ist es erschreckend, wie wenig relevantes Datenmaterial wir haben und wie wenig wir damit eigentlich über unsere Gewässer wissen (... und uns deshalb immer wieder auf Vermutungen abstützen). Zweitens ist es für mich nach wie vor klar, dass eine Naturverlaichung immer die bessere Alternative als der Besatz ist. Gründe dafür sind beispielsweise die Widerstandsfähigkeit des Nachwuchses oder die Bewahrung genetischer Eigenheiten verschiedener Stämme.
Es ist für mich deshalb zwingend, dass wir Fischer gemeinsam daraufhin arbeiten (… und entsprechenden Druck ausüben), dass in allererster Linie wieder Voraussetzungen für eine erfolgreiche Naturverlaichung geschaffen werden. Was es dazu braucht, ist hinlänglich bekannt. Bis dahin allerdings auf einen Besatz zu verzichten, ist für mich keine Option. Der Besatz soll allerdings nicht nach dem Giesskannenprinzip erfolgen, sondern zielgerichtet dort, wo die Naturverlaichung ungenügend ist, denn keine Fische heisst keine Fischer und damit auch eine deutlich geschwächte Lobby für den Fisch!
Ihr Markus Angst
PS: In unserem Pachtgewässer an der Töss werden wir dieses Jahr zum ersten Mal (nebst der obligatorischen Fangstatistik) die Länge aller Fische - also auch der zurückgesetzten – erfassen und statistisch auswerten. Wir hoffen, so über die Jahre mehr über unser Gewässer zu lernen. Vielleicht wäre das ja auch eine Idee für Ihr Revier?