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Frauen und Wein

Aus der PETRI NEWS 170-2012

 

James Fond 008
 

Warum verstehen Frauen weniger vom Wein?

«Geben Sie ihr die Chance, wer weiss...»

Weil es Männer gibt! Richtig. Nur vermutlich haben Sie nicht nur meinen provokativen Titel, sondern auch meine noch provokativere Antwort womöglich nicht so interpretiert, wie ich es meinte. Also erkläre ich es Ihnen.

Nicht nur weil ich Jancis Robinson’s Oxford Weinlexikon konsultiere, wenn ich etwas über Wein nicht weiss (und das ist sehr viel), bin ich auch der persönlichen Ansicht, dass Frauen im Grunde genommen die besseren Degustatoren sind. Sie beurteilen ja auch Menschen besser, weil sie „neutraler“ schalten.

Wir Männer haben bei einer Degustation immer noch den Preis im Kopf, womöglich zudem das Prestige, was von der Betrachtung der Etikette und der Form der Weinflasche abhängt. Prima, wenn das Wort Château vorkommt. Kann auch ein Château Migraine sein. Frauen kümmern sich darum richtigerweise nicht. Warum aber denn meine Titelaussage, die, so gesehen über alles hinweg, eben doch stimmt. Die meisten Frauen verstehen tatsächlich weniger vom Wein als Männer und dabei meine ich auch Wein trinkende Frauen. Beachten Sie die Antwort auf meine Titelfrage: Weil es Männer gibt! Auch diese Aussage ist nicht so gemeint, wie die meisten Leser und Leserinnen meinen, nämlich dass Männer unisono diesbezüglich vor der Frau stehen. Nein, sondern anders, ich sag Ihnen gleich wie.

Viele Männer, grad die, die vielleicht sonst im Leben nicht grad auf den festesten Füssen stehen, beanspruchen die Domäne Wein strikt für sich, Stichwort Macho. Sie geben ihren Ehefrauen auch im Laufe der Jahre nicht einmal die Chance, in diesem „Wettbewerb“ mitzumischen. Man könnte ja schliesslich verlieren . . .

Meine Heidi ist eine erstklassige Degustatorin und ich habe weder zu Hause und nicht einmal im Restaurant ein Problem, dass sie den Wein degustiert. Soll ich es denn tun, wenn meine Nase vielleicht grad etwas verschnupft ist oder ich eben ein Salatblatt ass, wenn der Kellner mit der Flasche an den Tisch kommt? Es macht ja auch wirklich Spass, selbst zu Hause über Wein (natürlich nicht grad über jede Flasche) zu reden. Diese Art von Meinungsaustausch kann aber nicht stattfinden, wenn einer seiner Lebenspartnerin nicht einmal die Chance gibt, in eine höhere Kategorie aufzusteigen. Wobei leider, wie viele wirklich unpassende Kommentare zum Thema beweisen, grad die, die den Damen keine Chance einräumen, meist eben auch nicht zur höheren Kategorie der Weinkenner gehören. Geben Sie ihr die Chance, wer weiss, vielleicht können sie dereinst sogar von ihr was lernen. Männer mit Rücken haben damit keine Probleme.

P.S. An der Obst- und Weinfachschule Wädenswil, wo ich 1981 das Fach „Weinbereitung“ studierte, mussten wir täglich nach Schulschluss 24 Weine verkosten. Hilfreich stand mir damals Monica Schnjder, die damalige Kellermeisterin der Weinhandlung Zweifel zur Seite. War ich nicht sicher, durfte ich in Ihr Degustationsblatt schauen und abkupfern. Ich erhielt eine tolle Note! Wenn Sie viel mehr über das Thema Wein, vor allem auch über das Degustieren wissen möchten, lesen Sie doch in meinem Kochbuch „Faszination Tafelfreuden“ Band I, die Seiten 189 bis 210. Dort präsentiere ich Ihnen in leichtfasslicher (und wie immer unterhaltender) Weise ein Konzentrat, was ein Wein-Amateur wissen muss. Meine Erfahrungen nicht nur aus 50 Jahren Praxis, sondern auch ein Konzentrat aus dem Wissen der gängigen Literatur und noch viel mehr aus Gesprächen im Umgang mit Weinbauern. Sie werden, wenn Sie tiefere Kenntnisse besitzen, mehr Freude am Weintrinken haben. Und zudem, besser, sprich auch günstiger, guten Wein einkaufen!