James Fond 008
Gut gewürzt
Letzte Woche war ich mit einer lieben alten Freundin im Ferlin, meiner Lieblings-Cantinetta. Wir assen zusammen, logisch nach einem Teller der berühmten Raviolinis, den Gigot eines Milchlammes. Nie habe ich ein Lamm gegessen, welches mit so wenig, (oder eher überhaupt nicht), Rosmarin und Knoblauch gewürzt war. Es war nicht nur wunderbar zart, sondern auch absolut schmackhaft, das Fleisch roch im Teller – eben nach Milchlämmchen. Butterzart. Wunderbar.
Es mag ja und ist auch richtig, dass, wenn man ein altes Schaf für ein Stew, also ein Voressen, verwendet, man dann mit Gewürzen grosszügig umgehen darf. Und es ist ebenso richtig, dass, wenn ich die Keule des alten Lammes, oder jungen Schafes, grad wie Sie wollen, also ein Gigot mit über 2 Kilo Gewicht, den ich im Ofen nach Grossmutterart zwei, drei Stündchen weich schmoren will, dass ich diesen zwei Tage vorher gut mit viel Rosmarin, wenig Pfefferminze und Knoblauch mariniere und von mir aus auch noch einige Knoblauch-Zinggen vor dem Anbraten ins Fleisch schiebe.
Aber jetzt, im Frühling ist nur in Irland Zeit der Schafe in der Auslage des Metzgers. Dort erzählt mir der Mann an der Theke stolz, dass das Lebendgewicht des Mäh Mäh, nur 28 Kilo gewogen habe, 45 Kilo sind üblich. Hat da einer Lamm gesagt? Ich fragte den lieben Bill in Oughterard einmal, auf die Lammkoteletten zeigend, ob diese vom Elefanten seien, worauf er mich sehr böse anschaute.
Dabei esse ich auch Schaf sehr gerne, habe nicht mal was gegen das typische „määggelen“, im Gegensatz zu meinem Heidi. Habe auch immer brav und mit Hochgenuss das „Schöpserne“ im Osttirol gegessen. Kräftiges, nicht butterzartes, jedoch schmackhaftes Schaffleisch von der Alm mit einer sehr dunklen Sauce zu welchem man einen Roten trinken kann, welcher etwas mehr breit als lang ist, etwa ein junger Nebbiolo oder Barbera. Heidi und mehr als die Hälfte aller anderen entschieden sich für die Alternative: Wienerschnitzel. Mir schlafen grad noch die Füsse ein.
Aber ich merke, ich schweife wieder mal ab, kam wieder ins Plaudern. Was ich ja sagen will, ist, dass nun im Frühjahr die Zeit der Milchlämmchen und der frischen Gitzi, also der jungen Geisslein ist. Das, so rate ich Ihnen dringend, sollten Sie nicht mit viel Gewürzen und dazu noch Salz und Knoblauch malträtieren. In den sogenannten „Gewürzen“, hat es (pardon, aber ausser in den meinen) sowieso mehr als genug Salz. Nein, nur sanft würzen und (wie immer) in viel Butter und/oder möglichst leichtem, ligurischen Olivenöl vor sich hinschmoren lassen. Am Knochen sollte das Fleisch noch rosa sein. Wenn es dort 58 °C anzeigt, aus dem Ofen nehmen und noch 10 Minuten in einer Alufolie abgedeckt ruhen lassen.
Und dann auch keinen „Hammer“ dazu trinken, sondern z.B. einen Blauburgunder, also ein Pinot Noir, z.B. aus der Ostschweiz oder Franken, oder (pardon vielleicht noch etwas besser) aus der Bündner Herrschaft, vielleicht sogar einer von Gian Battista von Tscharner (www.vontscharner.ch) aus Reichenau – dann scheint die Sonne auch hell und leuchtend an der Tafel, sollte es draussen noch hudeln.
P.S. Den Rosmarin tun Sie halt an die dazu passenden Bratkartöffelchen. Und – eine Bouteille pro Zwei ist für dieses Essen recht knapp. So es denn vom Guten ist.
Kein Schöps ohne Chianti
Beitrag von Hermann Obwexer
Lammfleisch, von Tieren, die den Stall noch nie verlassen, die würzige Almluft nie geschnuppert und die frischen Berggräser nie gefressen haben, ist ein “Muss” auf allen Speisenkarten elitärer Gourmettempel dieser Welt. Bleiches Fleisch, auf riesigen Tellern, lauwarm, begleitet von Zierböhnchen “al dente” dazu zelebriert der Sommelier Sassicaia, Tignanello, Capanelle oder sonst einen der modischen Zeitgeistweine.
Im Herbst wenn die Schafe von der Sommerfrische auf den Almen rund um Matrei, zurückkehren ins Tal, schmeckt Schaffleisch am besten. Muttermilch, saftige Gräser und Kräuter bilden die Futtergrundlage, dieser maximal 24 Wochen alten Berglämmer. Die passende Nahrung für diese Jahreszeit ist quiqulebendig, kampflustig, blutig und wohlgenährt. Ursprünglich ein Grundnahrungsmittel der Nomadenstämme im Osten, die ihre Schafe an den Spitzen ihrer Schwerter brieten - heute als “Schöpsernes” unverzichtbar bei “Osttiroler Tafelfreuden”. Schöpsernes: junges Schaffleisch, ,nach Art der Maria Rauter”, mit Fetträndern aus Keule und Rücken geschnitten mit Zwiebel, Kreuzkümmel, Thymian und reichlich Knoblauch geschmort, schmeckt ursprünglich, erdig und unvorstellbar wohlschmeckend. Dazu serviere ich Freunden meinen Lieblings-Chianti, den “Le Corti”, einen Wein zum trinken, nicht zum zelebrieren.
Auch wenn ich befürchte, dass sich die an angeblich besseres gewöhnten Freunde weigern könnten diesen „einfachen Chianti” zu trinken - kein Wein passt so optimal zu würzigem Schaffleich, wie trockener, kühler Chianti! Das müssen sich dann auch meine Chianti-Zauderer eingestehen, die erst zögerlich, dann immer öfter zu dem Wein greifen, den sie eigentlich für weit unter ihrem Niveau hielten, weil sie ihn bisher nur als Jugendsünde in der 1,5-liter “Chiantigiana” kannten. Guter Wein schmeckt ohne Worte, und das ist auch sein Malheur, es lasst sich kein großes Potential diagnostizieren, nicht über die Trinkreife orakeln nicht über Depot, Cru, Tanine und Extrakte philosophieren. Kein dankbares Thema für die Parkers und Johnsons dieser Welt, die den Genuss zu etwas äußerst Kompliziertem hochstilisieren um sich aus der Reihe der profanen Trinker hervorzuheben. Kräftiger Chianti, der keine “drei Gläser” im “Gambero Rosso” haben will, sondern lediglich seine ureigenste Aufgabe als Wein erfüllen möchte, weist mit Sicherheit mehr Charakter auf als die “Supertuscan-Bordeaux-Imitate”. Welcher Wein passt wohl besser zum Schöpsernen? Machen Sie den ultimative Test. Der Wein der zuerst ausgetrunken ist, war der bessere. Es ist ganz einfach